Was Außenstehende und viele andere Persönlichkeitstypen des Myers-Briggs-Typ-Indicator (MBTI) nicht wissen, ist dass bei einem INFJ innerlich sehr viel abläuft, was man nach außen nicht sehen kann. Es läuft alles auf der geistigen Ebene ab. Und das fast ohne Unterbrechung.

Wenn Dein Gehirn permanent auf Hochtouren läuft, kannst Du täglich problemlos 2000 Kalorien und mehr verbrauchen. Geistige Arbeit ist für Deinen Körper so anstrengend wie körperliche Arbeit.

Der Geist eines INFJ ist praktisch ständig aktiv bis in Alarmbereitschaft. Er beobachtet, analysiert, vergleicht, hinterfragt alles, nimmt viele Details sofort wahr und stellt Was-wäre-wenn-Theorien auf. Und hier sind wir noch im Normalmodus! Diese Aktionen geschehen eher automatisch bis unbewusst seitens des INFJ. Sollte ein INFJ in eine Stresssituation kommen, steigert sich die mentale Belastung nochmal um ein Vielfaches! Das kostet einen INFJ sehr viel Energie. Körperlich ist hier bis jetzt noch gar nichts passiert. Käme noch körperliche Belastung durch physische Aktivität (Flucht oder Kampf) hinzu, wäre dies natürlich noch energieraubender.

INFJ-Persönlichkeiten ziehen Energievampire magisch an. Energievampire sind Menschen, die sich von der Energie aka Aufmerksamkeit anderer Menschen ernähren. Sie brauchen Aufmerksamkeit, um ihre Minderwertigkeitskomplexe zu stillen und sich wertvoll zu fühlen. Das können Menschen sein, die sich schwach, einsam und ungeliebt fühlen, aber Narzissten oder Alpha-Charaktere, die andere Menschen brauchen, damit sie sich toll fühlen oder mit denen sie ihre Machtspielchen spielen können. In jedem Fall tun Energievampire INFJ-Persönlichkeiten nicht gut. Sie kosten den INFJ sehr viel Energie.

INFJ-Persönlichkeiten sind als hochgradige Empathen bemüht, ihren Mitmenschen in Not zu helfen. Das hängt auch damit zusammen, dass INFJ die Emotionen ihrer Mitmenschen fast wie ein Buch lesen können. So empathisch sind sie. Das hängt mit einer überdurchschnittlich hohen Aktivität der Spiegelneuronen zusammen. Das sind die Nervenzellen, die dafür sorgen, dass Du fühlen kannst, was andere Menschen fühlen, wenn Du sie gerade siehst oder einfach nur hörst, was jemanden gerade passiert ist. INFJ-Persönlichkeiten freuen sich oder leiden dann mit ihren Mitmenschen mehr mit als andere.

Im Gegensatz zum INFJ sind beim Soziopathen und vor allem beim Psychopathen die Spiegelneuronen nicht aktiv.

Perfektionismus und Overthinking gehen als Phänomen Hand in Hand: Wer nach sehr hohen Maßstäben lebt und arbeitet, will alles so gut wie möglich machen. Darum wird viel Zeit in die Analyse eines Problems und die immer weitere Verbesserung von Abläufen investiert, was Dich alles sehr viel Energie kostet. Am Ende hast Du Mühe, wieder aus Deinem Gedankenkarussell auszusteigen und tatsächlich ins Handeln zu kommen.

Dass INFJ ungefiltert Emotionen anderer Menschen aufnehmen können, weißt Du jetzt aufgrund meiner Worte zum Thema Empathie und der Spiegelneuronen. Doch hier kommen in der Praxis noch weitere Reize hinzu, die dem INFJ zu schaffen machen können: Lärm von den besagten Mitmenschen, körperlich von diesen eingeengt zu werden und  einfach die Vielzahl an weiteren Reizen, die der Aufenthalt in einer Menschenmasse mit sich bringt. Dazu können auch unvorhersehbare Bewegungsmuster oder die unerwartete Ansprache von Menschen an Dich gehören. Reizüberflutung zu verarbeiten, kosten viel Energie und kann - je nach Empfindlichkeit - bis zu Panikattacken führen.

Als oberflächliche Lösung für all diese Probleme könnte man vorschlagen, einfach ruhig zu bleiben oder einfach den toxischen Ort verlassen, um wieder zur Ruhe zu kommen. Der Bullshitbingo-Satz "Reiß Dich gefälligst zusammen!" ist keine Lösung für einen INFJ. 

Der Grund: Ruhe zu erzwingen, kostet Energie. Viel Energie. Ein normaler Mensch kann sich nicht vorstellen, wie hoch die mentale Belastung für einen INFJ in einer Alltagssituation sein kann, die ein normaler Mensch gar nicht als Stress wahrnimmt. Ein INFJ ist hier aber schon voll am Rotieren bis im Überlebensmodus. Ist der Stress erst einmal präsent, ist es für einen INFJ allgemein sehr schwer, sich wieder herunterzufahren; bsonders wenn der INFJ (MBTI) den Ort nicht verlassen kann. Der Stress kann für den Advokaten tatsächlich physisch präsent sein und werden, aber auch nur im Kopf. Das ist von der mentalen Belastung praktisch gleich.

Du weißt, wahrscheinlich instinktiv, dass Du viel leistest, obwohl es niemand um Dich herum sieht. Falls nicht, solltest Du Dir über diese Tatsache bewusst werden. Das, was Du leistest, ist im Vergleich zu anderen Menschen nicht normal, sondern in der Regel immer überdurchschnittlich.Die meisten normalen Menschen um Dich herum werden das nicht verstehen und Dich verurteilen. In unserer verstandesbezogenen, extrovertierten Gesellschaft muss Leistung messbar und sichtbar sein. Sonst ist es keine definierbare Leistung. Das ist das Problem, weil INFJ vorwiegend unsichtbare Leistungen erbringen oder es nicht an die Öffentlichkeit bringen. So besteht schnell die Gefahr, als Low Performer oder als Leister von unnötigen Diensten gesehen zu werden, die aber im Hintergrund und für das gesamte System einen tragenden Wert haben. 

Die Dienste, die als selbstverständlich hingenommen werden oder im Verborgenen geschehen, vermisst man aber erst, wenn sie nicht mehr geleistet werden.

Nicht nur INFJ-Persönlichkeiten und hochsensible Menschen leiden heute verstärkt zu früher an Reizüberflutung im Alltag. Auch normale Menschen reagieren heutzutage immer empfindlicher auf die schon fast permanenten Reize im Alltag durch Technik, Kommunikation und Regulationen, die unseren Geist überstrapazieren und uns kaum eine Pause lassen.

Vorausplanung ist die beste Taktik für Dich, um Überstimmulation, Stress und Grenzüberschreitungen zu vermeiden. Du brauchst Kraftplätze, wo Du sicher abschalten und Dich herunterfahren kannst. Meditationstechniken können Dir hier auch helfen.

Da Du heutzutage nur schwer stressige Situationen ganz verhindern kannst, ist die praktikabelste Strategie, Dich immer wieder zurückzuziehen, zur Ruhe zu kommen und Dich zu regenerieren, damit Du die Stressphasen, die Du nicht vermeiden kannst, möglichst gut überstehst, weil Du dann auch weißt, dass dieser Stress nur zeitlich begrenzt ist und Du danach bald wieder an Deinem Kraftplatz zu Hause, in der Natur oder bei Deinen Lieblingsmenschen bist, denen Du vertrauen kannst. Kraftplätze und vertrauenswürdige Menschen in Deinem inneren Kreis geben Dir nicht nur Schutz. Sie steigern auch Deine Resilienz.

Deine Kraftplätze sollten vor allem einfach und zweckdienlich sein. Sie müssen Dir gefallen, nicht anderen. Es sind sehr persönliche Orte. Frei von unerwünschten Störungen und unnötigen optischen und akustischen Reizen. Hast Du einen oder mehrerer solcher Orte für Dich schon gefunden?